Es war – so glaube ich zu wissen- gerade der Sinai Krieg. Mein Vater, der Berufssoldat, stapfte mit ein paar anderen Jeckes und Marokkanern durch den Wüstensand, um sovjettische Pferdedecken, Konserven -auch Pferd- und Helme sowie anderes Beutegut einzusammeln, das die ägyptische Armee bei ihrer Flucht vor den paar grausamen Killerjuden hatte fallen lassen.

Da stapfte ich mit ein paar Kindern aus unserer Siedlung, (Schchunah), auch durch den Sand der Dünen zwischen Chulon und Bat Yam (Sanden genannt von den deutschen Müttern), um für Lag Ba Omer einen Scheiterhaufen aufzutürmen, auf dem man leicht alle Hexen und Gotteslästerer plus der unwilligen jüdischen Konvertiten früherer inquisitionsgequälter Jahrhunderte hätte verbrennen können.

Wir aber wollten niemanden verbrennen. Wir wollten nur Feuer, ein riesiges, prasselndes Feuer, dass die Nacht erleuchten sollte bis zum Berge Sinai und bis zum Suezkanal, auf dass unsere Väter nach Hause finden sollten und die Schiffe ihren Weg nach Nord und Süd.

Brennmaterial, also Holz gab`s nicht viel. Wir haben alles angeschleppt was wir finden konnten. Äste, Bäume, Stühle, Sofas, Tische, Obstkisten, Bretter von Baustellen -deshalb ist die Omerzeit ja auch eine Zeit der Trauer, weil die jüdische Bauindustrie in Israel jedes mal durch akuten Brettermangel in den Seilen hängt.

Und dann noch eine riesige Standuhr, die Generationen durch die Diaspora geschleppt hatten, von Polen über Österreich-Ungarn, über die rumänischen Karpaten,-daher noch die Bissspuren im Holz-, nach Wien, Paris, Marsaille und über Zypern nach Haifa und von dort, das war der schwierigste Abschnitt, nach Chulon in unser Wohnzimmer wo ich sie gefunden hatte.

Meine Mutter war arbeiten und es war für die Chewreh Ehrensache und eine Freude mir zu helfen das Monstrum mit seinem widerlichen Bim Bam Bim Bam abzutransportieren und auf den Haufen zu schaffen, wo es nun endlich seinen letzten Frieden gefunden zu haben schien.

Ach wir waren ja Kinder, allerdings jüdische Kinder aus Chulon.

Am Nachmittag kam meine Mutter in die Dünen, um unsere schöne Arbeit zu bewundern, die Uhr zu retten und um mich ordentlich durchzubläuen, vor allen Freunden, denen sie in ihrer mir so vertrauten und gliebten Großzügigkeit ähnliches, wenn nicht noch besseres anbot. Meine Kumpel verzichteten fortrennend und mich im Stich lassend. Die Schneidebretter aus unserer Küche und das kleine Tischchen vom Balkon hatte sie nicht bemerkt, so dass ich für die folgende Zeit noch genug Grund zum trauern hatte, denn es war ja Omer.

Dann war der Abend gekommen und einige trockene Grasbüschel und viel Papier ließen das riesige Kunstwerk auflodern, dass es nur so eine Lagba war, ein Omer, eine Ssimcheh und ein Jubel und alle staubigen Kindergesichter erstrahlten im Glanze dieser Medurah, dieses Superlagerfeuers, und auch die Erwachsenen staunten nicht schlecht was wir Kinder so auf die Beine stellen konnten – und dann abbrennen. Wo hatten wir nur die Streichhölzer her, wo doch unsere Eltern alle srarke Raucher waren. Das ist bis heute ein großes Wunder und zwar ein so großes Wunder, dass man zu Chanukkah daran acht mal gedenkt. Mit Kerzen und Liedern, oder so ähnlich.

Als alles runtergebrannt war und nur die Glut leuchtete warfen wir Kartoffeln hinein um sie später verkohlt mit Stecken herauszubugsieren und, uns dabei völlig eindreckend, mit Salz aus der Hosentasche zu verspeisen. Das war was. Das liebten wir. Das war wichtig.

Ach ja, und bis heute isst man ja auch zu Chanukkah Kartoffelpuffer, Lattkes, und zwar zum Gedenken an dieses schöne Fest in Chulon im Jahre 1956 und weil es nicht so einen Dreck macht.  Aber gut riechen tut´s trotzdem.

Nun denn, liebe Kinder, legt euch schön ins Bettchen, deckt euch zu und träumt von einem riesigen Lagerfeuer zu Lag Ba Omer, aber lasst die Standuhren stehen wo sie stehen und haltet in der Nacht das Pendel an damit ihr schön schlafen könnt. Bim Bam, Bim Bam, Bumm.

Euer leicht verrußter Benjamin Perach Katan.             Törrööhh! Die Feuerwehr.