Ist er beschnitten?

Wer?

Na er, er, der alles erschuf, der alles beherrscht. Er, der er der König der Welt genannt wird und der über uns wacht und uns beobachtet, immerdar. Er, der Chef von´t  jantze.

Reb Jid, lieber Freund, alter Jude, ihr meint doch wohl nicht ihn, dessen funktionelle Titulierung wir aus Ehrfurcht und Furcht nur mit einem Apostroph zu schreiben wagen und dessen Namen wir nur aussprechen dürfen,wenn es wirklich sein muss?. Ihr meint doch wohl nicht G´tt?

Bingo! Der isses. Den meine ich. Ist er beschnitten?

Also, da muss ich doch sehr bitten. Sowas fragt man nicht. Das ist Privatsache. Wen hat das zu interessieren? Wer das wissen will, soll selber nachforschen oder ins selbe Fitnescenter gehen und unter der Dusche… Ach was red ich da?  Sowas fragt man doch nicht. Das hab ich noch nie gehört. Das ist Sünde oder so.

Wieso soll das Sünde sein, so etwas zu fragen? Wir sind doch aufgefordert die Torah zu studieren, zu lernen und uns Gedanken zu machen und ihn, unseren Schöpfer, nie zu vergessen und seine Gebote und Gesetze zu beachten. Und da hab ich so nachgedacht und überlegt wie er aussieht und mal dieses übliche Klischee beiseite galassen, von wegen G`tt ist ein höheres Wesen und ist in allem und jedem und man kann ihn nicht sehen und kann ihn sich nicht vorstellen. Nein, die Sache ist eigentlich ganz klar: Nach dem ersten Buch Mose, Bereschit, hat G`tt den Menschen, Adam nach seinem Ebenbild erschaffen. Und Zwar als genaues Abbild. Wie es da heißt: ” Beh Tsilum”. Da kann man nichts machen. Der Mensch, Adam, also der männliche Mensch, ist ein Ebenbild G`ttes und folglich sieht Go`tt genau so aus wie der Mensch. G`tt ist also definitiv keine Frau. Er ist ein Mann, oder besser, er sieht aus wie ein Mann. Also hat er auch einen Penis. Tut mir sehr Leid, aber so isses nunmal.

Jetzt isses aber gut. Das geht zu weit.

Na ja, ob das ganze nun Maßstabsgetreu ist, davon steht nichts in der Torah, aber einen Penis hat er. Da ist es doch nicht verwunderlich, wenn einer der nachdenkt und über die Torah klärt, gemäß der frommen Vorschrift, fragt ob G´tt beschnitten ist.

Natürlich ist er beschnitten. G´tt ist doch Jude.

Wieso soll G´tt Jude sein. Davon steht kein Wort im gesamten Alten Testament. Sogar nach dem Neuen Testament steht nichts darüber, obwohl sein Sohn, wie die Christen glauben, also der ist wahrscheinlich schon ein Jude, aber wegen der Mutter, danach wird ja sowas bestimmt. Aber was interessiert uns das? Wir sind Juden und bei uns Juden hat G´tt keinen Sohn und ist gemäß der Torah kein Jude und kein Mensch, aber er sieht so aus. Aber beschnitten ist G´tt bestimmt nicht.

Wie kommt ihr bloß auf so einen Blödsinn? Könnt ihr das denn beweisen?

Das kann ich ganz leicht.  G´tt fordert von Abraham unserem Stammvater die Beschneidung als Zeichen des Bundes. Abraham ist zu diesem Zeitpunkt neunundneunzig Jahre alt und unbeschnitten und stammt, nach einigen Generationen, die akribisch aufgezählt sind, von Adam, dem ersten von G´tt erschaffenen Menschen ab. Abraham, unser Stammvater, ist also neunundneunzig Jahre lang unbeschnitten, das heißt mit kompletter, vermutlich unversehrter Vorhaut durch die Gegend gelaufen.

Blasphemie, Sünde! Oiwa’awoij. Der Blitz wird euch derhargenen und mich dazu, weil ich euch zuhöre.

Nu, nu, ganz ruhig. Wir sprechen hier über die Torah. Wir klären und überlegen, was uns die Torah sagt, wenn wir sie sorgfältig studieren. Wir treiben hier kein Kabbalistisches Zahlenlotto und versuchen nicht irgendwelche Da Vinci Codes zwischen den Zeilen herauszupopeln. Damit würden wir uns wirklich versündigen. Nein, wir halten uns exakt an den Text und an das, was man aus ihm schließen kann. Wie bei einem Aufsatz beim Abitur über ein Gedicht von, sagen wir mal, Heinrich von Kleist.

Ihr macht mich im ganzen meschugge. Ihr zerchischt mich. Ihr seid nicht normal. Aber bitte weiter.

Also G´tt versprach Abraham der Stammvater eines großen Volkes zu werden und ging mit ihm einen Brith, einen Bund ein, der mit der Milah, der Beschneidung am Gliede aller männlichen Nachkommen Abrahams, plus Abrahams eigenem Gliede besiegelt werden sollte. G´tt selbst aber war und ist nicht beschnitten. Jedenfalls finden sich in der Torah keine Hinweise auf seine Beschneidung – und nochmal ganz deutlich: Er ist nicht beschnitten, weil Abraham nicht beshnitten war und Abraham der Nachfahre Adams war, der wiederum genau nach G`ttes Ebenbild erschaffen wurde, aber vielleicht nicht im Maßstab 1 : 1.

Na ihr seid mir schon ein Chochem. Wenn ihr so a Chochem seid, dann könnt ihr mir sicher auch sagen, warum G´tt von Abraham, unserem Stammvater, die Beschneidung gefordert hat.

Direkt aus dem heiligen Text lässt sich das leider nicht ableiten, aber ich habe da eine sehr plausible Theorie. Aber die werde ich euch ein anderes mal berichten.

Schade. Ich hätte es gerne schon heute gewusst.

Geduld, Reb Jid. Die Zeit ist ein unermesslich großes Ding und wir bekommen immer neue dazu. Also bis die Tage. Törrööhhh und Schalom. Seid mir gesund und grüßt die Mischpoche. Euer Benjamin Perach Katan.